Die Metamorphose der Märklin Drehscheiben

Die Metamorphose der Märklin Drehscheiben (von Martin Meese)

Mit diesem Artikel möchte ich einmal die Geschichte der Drehscheiben bei Märklin nachvollziehen.
Drehscheiben gehören zur Eisenbahn seit Anbeginn, galt es doch die Dampfloks in
Vorwärtsstellung vor den Zug zu bringen. Bekanntlich fahren sie in Vorwärtsfahrt mit ihrer
Höchstgeschwindigkeit, was bei den meinten Loks rückwärts nicht annähernd erlaubt war, wenn
wir einmal von Tender- und Rangierloks absehen. Schnellzugdampfer hatten den Schornstein vorn.
Der Modellbahner möchte dies natürlich gern nachstellen und somit war der Bedarf für
Drehscheiben schon vor dem Krieg bei den großen Spuren 0 und I gegeben. Die Hersteller boten
dieses für ein Bahnbetriebswerk nötige Zubehör an. Mit dem Erscheinen der 00 Bahn- später H0-
wurde auch relativ schnell bei Märklin eine entsprechende Drehscheibe angeboten. Auch
Fleischmann bot schon sehr früh nach Erscheinen der H0 Bahn eine Drehscheibe an. Nicht so bei
Trix, die ja bekanntlich auch in 00 vor dem Krieg an den Start gingen. Leider wurde die
Entwicklung der 00/H0 Bahn durch weltpolitische Einflüsse für ein gutes Jahrzehnt ausgebremst.
Aber dann ging es um so intensiver weiter.

Märklin baute ab 1952 die Drehscheibe 410NG (7027) mit 10 Anschlüssen für Abstelle und
Zufahrtsgleise. Parallel gab es für zwei Jahre die 410 BG mit nur vier Abgängen und weiteren
Sparmaßnahmen wie fehlenden Bühnengeländern. Die Vorkriegsdrehscheibe 410H/M von 1939
wurde von dieser 410NG (7027) abgelöst. H für Handbetrieb und M für Motor. Diese erste
Drehscheibe hatte noch das rote Betriebslicht auf dem Dach, welches mit Einführung der Variante
7186 im Jahre 1958 entfiel. In Farbvarianten hielt sich diese 7186 bis ins Jahr 1993 um dann in den
Ruhestand geschickt zu werden. Als Ersatz bot man die schon länger beim Mitbewerber
Fleischmann vorhandene und modellgetreuere Drehscheibe in etwas modifizierter Ausführung an.
Man steuerte ein eigenes Bedienpult in der Hausfarbe blau bei. Diese zugekaufte Drehscheibe bot
die Möglichkeit von bis zu 48 Gleisanschlüssen. Sie paßte hervorragend zum damals sehr beliebten
K Gleis. Alle Anschlüsse waren nur zu befahren, wenn die Bühne am Gleis stand, beim Vorgänger
7186 wurden nur die 6 Lokschuppengleise abgeschaltet. Gab es zur alten Scheibe noch einen
Lokschuppen aus Blech so wurde nunmehr ein Kunststoffgebäude vom dänischen Hersteller Heljan
zugekauft. Bei Fleischmann fand sich ein weiteres Lokschuppenmodell mit einem anderen
Bauwinkel. Mit Übergangsgleisen ging es nun von dieser 7286/7686 zum M oder C Gleis, welches
1996 erschien. Für die Digitalisierung gab es den Decoder 7687. Damit war erstmals eine
Gleisvorwahl über ein Keyboard oder PC Programm realisierbar.

Mit dem neuen C Gleis wurde auch die Erwartung verknüpft, dass eine passende Drehscheibe
angeboten würde. Das wurde aber bis zum Jahr 2019 leider nichts. Meine ganz persönliche
Einschätzung ist, dass man erst nach dem Verkauf der Firma Fleischmann an Roco mit der
Überlegung begann etwas Eigenes herstellen zu wollen oder besser zu müssen, weil die
Zusammenarbeit möglicherweise nicht harmonisch war.

Die Auslieferung der neu angekündigten Drehscheibe für das C Gleis ließ aber auf sich warten. Erst
in diesem Jahr wurden die ersten Exemplare ausgeliefert. Schon bei der Ankündigung gab es
enttäuschte Gesichter. Viele C Gleis Anhänger hätten gern eine Drehscheibe gehabt, die man auf der
Platte bzw. dem Tisch hätte auflegen können. Stattdessen gab es wieder eine versenkt einzubauende
Drehscheibe, noch dazu mit einer neuen Gradeinteilung. Das bedeutet auch, dass man einen neuen
Lokschuppen anbieten musste. Der kam sogar eher als die DS selbst. Auch Faller bietet einen
passenden Unterstand zum neuen Produkt für die Loks.

Technisch ist die neue DS auf einem ganz anderen Stand als die Vorgänger. Sie kommt mit Sound
und einem unter der Drehscheibe angebrachtem Motor. Es besteht die Möglichkeit bis zu 30 Gleise
anzuschließen. Die Bühne fährt grundsätzlich digital gesteuert die Gleise an, sie wird abgebremst
aus normaler Drehgeschwindigkeit, wenn der Gleisabgang fast erreicht ist. Das Maschinenhaus ist
beleuchtet. Auch aussen gibt es eine Laterne. Beide könne ein- und ausgeschaltet werden. Für die
Steuerung benötigt man eine MS2, CS2 oder 3 oder auch die alte 6021 mit einem Keyboard. Auch
ein Stellpult 72760 mit eingeschränktem Funktionsumfang für Analogbetrieb ist im Programm.
Wie macht sich der Einbau der neuen DS? Nun, hier ist viel zu tun. Die Bühne selbst wird
unterseitig einmal mit Digitalstrom versorgt und zum anderen mit Fahrstrom. Dafür gibt es
gekennzeichnete Anschlüsse. Das Bühnengleis ist nun auch rückmeldefähig. Eine gute Sache.
Weniger gut ist, dass sämtliche Abgänge einzeln mit Kabeln zu versehen sind, damit diese mit
Strom versorgt werden. Ausgeliefert wird die DS mit sechs Abgängen. Etwas filigran und durchaus
empfindlich sind die sog. Sensoren an Blind- und Gleisstutzen. Gleiches gilt für Geländer und
Treppe. Die Scheibe muß äusserst sorgfältig eingebaut werden. Für den Einbau und die ersten
Schritte der Inbetriebnahme hat Märklin sog. Erklärvideos bereitgestellt. Die beigelegte Anleitung
könnte ausführlicher sein. Laut Herstellerangabe ist der Antrieb wartungsfrei.

Über die farbliche Gestaltung haben sog. Experten schon viel gelästert. Man kann da selbst noch
viel tun oder es so lassen. Dass mache Loks nicht auf die Drehbühne passen, ist der neuen Länge
geschuldet. Aber so ist es beim Vorbild auch. Nicht jede Lok kann überall hinfahren. Manche
müssen eben über ein Gleisdreieck gewendet werden.

Ich wünsche viel Freude mit der Neukonstruktion. Sie fügt sich so harmonisch ins C Gleis ein wie
einst die 7186, auch bekannt als Tellermine, ins M Gleis oder die 7286/7686 ins K Gleis.